Transparency, das WEF, ein Basler Institut und einige Hilfswerke
Du ziehst an einem Faden, und es purzeln immer mehr
unappetitliche Elemente ins Bild. Du fängst mit einem Blick auf Transparency in
der Schweiz an und findest Kirchenmänner, WEF-Exponenten und
OECD-AkademikerInnen. Am Werk für die transnationale Ordnung.
Dieter Drüssel
Als er damals austrat, um Transparency International (TI) zu
gründen, habe die Weltbank das Problem der Korruption nicht wahrhaben wollen.
Doch dann sei sie vom „Saulus zum Paulus“ geworden und zur engen Mitstreiterin
fürs hehre Anliegen, konzedierte der bescheiden aus dem Publikum auftretende
Peter Eigen der auf dem Podium anwesenden Weltbank-Ethikberaterin. Der Chef des
christlichen Hilfswerks nutzte die Gunst der Stunde und wies darauf hin, dass
man die Arbeit von TI ganz stark unterstütze. Ein Dialog, bei dem die Sentenzen
einander zuflogen. Kein Raum für ein wahres Wort. Schliesslich diente man mit
den Besinnlichkeitsshows als Schneuzlumpen für die Typen vom WEF und als
Begleitpropaganda für den Kessel von Landquart.
An der Leine der Weltbank
Bei ihrer Gründung 1993 stammte das TI-Kader vor allem aus
der Weltbank oder anderen Sphären der Wohltätigkeit wie Finanzmultis, EU,
Regierungen und ausgewählten NGOs. TI-Präsident Peter Eigen hatte für die
Weltbank während 25 Jahren in Afrika und Lateinamerika gewütet, zuletzt als
Direktor für Ostafrika. Für die seit Jahrzehnten mit Weltbank, CIA und
Saatgutmultis liierte Fordstiftung beriet er die Regierungen von Botswana und
Namibia. Zur Zufriedenheit der Gönner seiner US-Stiftung, die sich seit dem
Abräumen des Ostblockes ein progressives Mäntelchen umgehängt haben und etwa
auch das Weltsozialforum kofinanzieren. Als Eiger dann „ausstieg“, um in Berlin
den Tugendclub TI zu lancieren, fanden sie das eine tolle Sache und übernahmen
die Anschubfinanzierung. Später erlaubte, wie auf der TI-Page zu lesen ist,
eine „grosse Schenkung“ des Open Society Institute von Grossspekulant George
Soros „eine viel grössere Aktivität in Zentral- und Osteuropa“.
Eigen insistiert geradezu besessen darauf, dass er anfangs
mit der Weltbank im Clinch gelegen habe. Im Kern scheint es sich darum gedreht
zu haben, dass Teile des Weltbankapparates nach dem Zusammenbruch des Ostblocks
nicht agil genug auf die neuen geopolitischen Gegebenheiten umgeschwenkt sind.
Während des kalten Krieges war noch jeder Diktator als Partner gegen den
Kommunismus und fürs weltweite Morden willkommen. Dafür wurde er dann auch von
der Weltbank entlohnt (die berüchtigten entwicklungspolitischen „Weissen
Elefanten“). Nach 1989 entfiel die Notwendigkeit für diese Mehraufwendungen
und prompt wurde Korruption ein Thema.
Auf der TI-Homepage ist dazu zu lesen: Vor dem Ende des Kalten Krieges „war das
Thema Korruption tabu. Entwicklungsagenturen konnten sie nicht diskutieren und
der Privatsektor sah sie einfach als unerfreuliche, aber zunehmend teurer
werdende Art an, Dinge zu erledigen“. Ein Journalist fragte Eigen nach der
Motivation der Multis, sich gegen Korruption zu engagieren: „Weil sich [Korruption]
als zu teuer herausstellt?“ Antwort: „Ja“.
Diese Haltung fasste im Weltbankkader, wie Eigen unablässig wiederholt, erst
1995 definitiv Fuss. Ob TI ein zu Beginn von dissidenten Weltbanksektoren
lanciertes oder von Anfang an ein abgekartetes Projekt war, ist zweitrangig. So
oder so gehört sie in diese Liga.
TI konzentriert sich auf den Trikont und die sog.
Transitionsländer aus dem ehemaligen Sowjetbereich. Neben dem gross propagierten
globalen Korruptionsindex, der die „Wahrnehmungen“ des transnationalen
Businesssektors bezüglich staatlicher Korruption registriert, hat TI zwar auch
einen Bestechungsindex lanciert, der über die Bestechenden Auskunft geben
sollte. Bezeichnenderweise ist davon aber sehr viel weniger zu hören. Denn TI
„verzichtet“ hier aus Prinzip darauf, konkret zu werden. So verbleibt praktisch
die Anprangerung von Staatsapparaten im Süden und Osten. Eine Ausweitung auf
Teile des Staatsapparates im Norden scheint aber durchaus denkbar.
Wem nützt’s?
Die ganze Propagandaschlacht von wegen Good Governance
(Guter Regierungsführung), die von den Entwicklungsapparaten des Nordens und
ihren akademischen und medialen Verstärkern geschlagen wird, verhilft dem
Anspruch auf ungehinderte Kapitaldurchdringung zu einem moralischen Mäntelchen.
Wer will sich nicht mit TI freuen, wenn etwa in Panama ein Gesetz zur
Infotransparenz durchgesetzt wird, das „dem Bürger“ Einsicht in die Vergabe von
öffentlichen Aufträgen ermöglichen soll? So was ist eine Standardbedingung von
IWF und Weltbank für Kreditvergaben? Ein hoffnungsvolles Zeichen für deren
Moralisierung! „Der Bürger“ in Panama hat zwar zur Auftragsvergabe weder pieps
noch paps zu sagen, sehr wohl hingegen der „Dienstleistungsanbieter“ aus dem
Norden. Das verschwindet transparent hinter der Freude. Nun lasse sich keine
nationale Regierung mehr dazu hinreissen, durch lokale Auftragsvergabe
autochthone Kräfte und ihre Zielvorstellungen zu stärken und dabei die Multis
und ihre Agenda zu diskriminieren!
Swiss Transparency
Auch bei TI Switzerland sind interessante Leute mit von der
Partie. Präsident Philippe Lévy arbeitete bis 1988 im Bundesamt für
Aussenwirtschaft (heute seco), zuletzt als Delegierter des Bundesrates für
Handelsverträge, also als Sachwalter der Schweizer Multis. Von 1992 bis 2000
leitete der Alt-Botschafter die Schweizer Handelsförderung Osec, seither steht
er Transparency Switzerland vor. Im Schweizer Vorstand vertreten sind auch
Leute aus dem DEZA und dem seco. Daniel Thelesklaf, ein weiteres
Vorstandsmitglied, war zuvor im Rechtsdienst der Rentenanstalt (tja) und der
Dresdner Bank Schweiz aktiv, leitete danach die eidgenössische Meldestelle für
Geldwäscherei und half zuletzt als Leiter der Stabsstelle für Sorgfaltspflichten
in Liechtenstein bei der OECD-Kompatibilisierung dieser Schwarzgelddrehscheibe
mit.
Die Winterthurer Volkart Holding hat neben ihrem als Mäzen
auftretenden Andreas Reinhart ein weiteres Mitglied in den Vorstand delegiert.
Auch dabei der heutige Nationalrat Ruedi Noser, der den Zürcher Freisinn auf
SVP-Konkordanz geliftet hat. Ein besonderes Häppchen hat sich Transparency mit
Roland Rasi geschnappt. Früher als Direktor bei der Kreditanstalt und danach in
der Konzernleitung des Bankvereins tätig, versuchte Rasi 1997/98 als
Chefsanierer der Krankenkasse Visana, die „schlechten Risiken“, also
(potentiell) kranke Menschen, aus seiner Kasse rauszubefördern.
Das Basler Institut
Bezeichnend auch die Vorstandsbeteiligung der Entwicklungssoziologin Lucy Koechlin im Namen
des Basel Institute on Governance. In diesem Institut der Uni Basel spielt Mark
Pieth eine wichtige Rolle. Auf seiner Homepage finden wir eine Begründung für
die Lancierung des Instituts. Good Governance, „ein Schlüsselkonzept für die Reform
des öffentlichen Managements“ im Globalisierungsprozess, erfordere eine
internationale Vereinheitlichung eben dieser Managementprozeduren. Der Begriff
„der Good Governance impliziert neue Wege, das ethische Handeln zu verbessern
und die Verantwortung zwischen dem öffentlichen Bereich (Regulierung und
Kontrollfunktion), dem Privatsektor (Selbstregulierung) und der
Zivilgesellschaft (demokratische Kontrolle) aufzuteilen“. Nette, erzneoliberale
Aufgabenteilung. Das Institut soll „als Kompetenzzentrum im Bereich „good
governance“ und Entwicklungszusammenarbeit [...] dienen“.
Für das DEZA und andere internationale und multinationale Entwicklungsagenturen
(speziell im Zusammenhang mit der OECD), scheint es die Rolle eines Think Tanks
und einer Vermittlungsinstanz zu den „Globalisierungskräften“ zu übernehmen.
Herrschaftssänger
Ein weiterer Kämpe im Vorstand der helvetischen Transparenz
verdient ebenfalls Beachtung: Christoph Stückelberger, Zentralsekretär des
evangelischen Hilfswerks Brot für Alle (BfA) und Ethikdozent ebenfalls an der
Uni Basel. Wie es um den Berufsethiker steht, zeigt uns sein NZZ-Artikel gegen
die Forderung nach Schweizer Reparationszahlungen an die Apartheidopfer (wie
sie hierzulande von der Aktion Finanzplatz und dem Solifonds mitgetragen wird).
Da erkennt er nämlich „Kommunikationsblockaden“, resultierend aus drei Fallen.
Als erster der „Geldfalle“: Es gehe um
viel Geld, und da weigern sich „die Unternehmer nachvollziehbar, ein Wort der
Reue über ihre Rolle für das Apartheidregime auszusprechen, da sie ja sonst
weitere Lawinen finanzieller Abgeltungsmassnahmen befürchten“. Die Armen,
können sich nicht mal den Kummer von der Seele reden. Dann die
„Vergangenheitsfalle: Geschichtsaufarbeitung ist wichtig und Archive zu öffnen
ist mutig. Die Fixierung auf die Vergangenheit kann aber auch den Weg zur
Zukunft verstellen“. Herrgott, bloss das nicht! Wo doch die Zukunft hell
leuchtet, wie wir weiter erfahren, etwa in der Form von NEPAD (s. Kasten). Da
lassen wir lieber einige Archive, etwa helvetische, noch etwas ungeöffnet.
„Dazu kommt als drittes die Verhärtungsfalle: Statt dass Heilung und Versöhnung
zwischen Menschen entsteht, besteht die Gefahr, dass Fronten sich weiter
verhärten“. Wo es doch allen Menschen guten Willens nur um eines geht, wie der
Untertitel hervorhebt: „Die Würde der Opfer wiederherstellen“. Dabei „ besteht
die Aufgabe nun darin, im Verbund von Staat, Wirtschaft und Öffentlichkeit wie
Kirchen und Hilfswerken zukunftsfähige Wege zu begehen“. Alles für die „Opfer“,
für die kompetent gesorgt wird. Mit einer tollen Perspektive: „Ja zu einer
schweizerischen und einer internationalen Investitionskonferenz für Südafrika“.
Denn wer wüsste nicht: „Privatwirtschaftliche Investitionen sind für die
Wiederherstellung von Würde eine zentrale Chance“. Insbesondere bei
Berücksichtigung der richtigen Bankverbindungen: „Die Zusammenarbeit mit
Hilfswerken und Kirchen für die sozialverträgliche Ausgestaltung dieser
Investitionen wäre dabei hilfreich“.
Das ist schön, das ist bewährt, das ist christlich: Die Schweizer
Apartheidverbrecher (Blocher, UBS etc.) sollen nicht Bussgeld zahlen, bewahre,
sondern die von ihnen wesentlich mitgeschaffene soziale Apartheid neu vernutzen
können, ohne dabei den sozialverträglichen Cheque zu vergessen.
Ein Platz an der Tempelsonne
Transparency Switzerland-Vize Stückelberger verliert seine
Kernanliegen jedoch inmitten des ganzen Schwulsts nicht aus den Augen. So hebt
er in einem anderen Artikel stolz hervor, dass das BfA am Weltsozialforum (WSF)
in Porto Alegre, am WEF und am Open Forum Davos (OFD) teilgenommen habe. (Für
das Open Forum stellt er dabei sein Licht unter den Schemel: Wohl keiner
weibelte dafür so fleissig wie er). „WSF, WEF und OFD erinnern stark an
Kirchentage: Hunderte von Workshops und Plenumveranstaltungen ohne Zwang zu
verbindlichen Beschlüssen dienen [...] vernetzenden persönlichen Kontakten“.
Soviel Mitmenschlichkeit führt direkt in den „‚Vorhof des Tempels’ der
Regierungen und Parlamente, der Chefetagen der Unternehmen und der
Hilfswerkdirektionen, wo die effektiven Entscheide gefällt werden“. (Nun, genau
deshalb mobilisieren wir gegen das WEF, deshalb versuchten die „Unberührbaren“
in Mumbai, ihm und seinesgleichen das Heft aus der Hand zu nehmen). Danach
folgen Sprechblasen wie die, dass BfA
dort gegen die Globalisierung ist, wo sie Ungerechtigkeit schaffe, aber, oh
ausgleichende Gerechtigkeit, dort dafür, „wo damit Hunger vermindert, Freiheit
erhöht, gerechter Ausgleich gestärkt und die breite Mitwirkung der Bevölkerung
ermöglicht wird“
– wem kommen da nicht sofort unzählige Beispiele in den Sinn? Das Gewäsch dient
als Überleitung zum eigentlichen Anliegen des Artikels: die eigene
(widerstrebende?) kirchliche Klientel für einen starken Auftritt am WEF zu
motivieren, um dieses Feld nicht der Konkurrenz von WWF, Oxfam u.a. überlassen
zu müssen.
Doch auch für Stückelberger sind noch einige
wirtschaftsethische Fragen offen: „Eine der wichtigsten Herausforderungen der
Globalisierung ist ihre unterschiedliche Geschwindigkeit in den verschiedenen
Bereichen. Wir sehen eine sehr schnelle wirtschaftliche Globalisierung, eine
viel langsamere politische Globalisierung und eine noch langsamere Entwicklung
einer Weltethik.“ Dass wir auch immer hetzen müssen! Wo es doch um
Lösungsansätze geht, denen der Theologe sogleich mit Scharfsinn nachspürt: „Die
Vision würde darin bestehen, nun diese Bereiche in ihrer Geschwindigkeit
wenigstens teilweise zu harmonisieren. Wenn wir nämlich die sehr schnelle
wirtschaftliche Globalisierung und Vernetzung weitertreiben, ohne eine
Globalisierung der politischen Institutionen und der Wertsysteme zu erreichen,
wird dies zu Spannungen, Konflikten und zum Kollaps führen“. Genial! „Globalisierung“ muss politisch durchgesetzt
werden, sonst kommt es zu ihrer Blockade (que horror!), durch Aufstände wie in
Bolivien.
Wo raus, wo rein?
Solche Wirtschaftsethiker mit ihrer unnachahmlichen Mischung
von Salbung und Businessbejahung sind gefragt. Kein Wunder, verkehrt der Mann
seit Jahren im WEF. Kein Wunder, zügelt er einen kirchennahen Verein nach dem
anderen (und selbst den Gewerkschaftsbund) in dessen Propagandaveranstaltung,
das sog. Open Forum von Davos, rein. Man kommt leicht in Versuchung, Figuren
wie Stückelberger als Schwätzer abzutun, kompatibel mit einem Davoser Jahrmarkt
der Eitelkeiten. Nur, Typen wie er sind längst im „Vorhof“ der Macht
angekommen, unabdingbar für das Gelingen des „Globalisierungsvorhabens“: die
Schuldendiktate werden mit humanitärem Diskurs geschmückt, die WTO-Regeln mit
Ethik und der Kessel des sich entfesselnden Polizeistaats in Landquart (samt
integrierter Rechtsradikaler im Vorder- und Schützenpanzer im Hintergrund) mit
den Schalmeiklängen des Dialogs übertüncht. So simpel ist das. Die
Stückelbergersche Kirche und Entwicklungshilfe, die
„Moral-für-Multis“-Offensive von Transparency: Sie sind am WEF mit seinem
Anspruch auf globale Gestaltung als
eigenständige Werte vertreten. Stückelberger, Eigen und Konsorten gehören ans
WEF, aber nicht nach Mumbai. Könnten wir sie da rausschmeissen, würden sie im
alten alpinen Nazizentrum unbrauchbarer.
Kriegsgewinnler
„19 führende internationale Unternehmen aus dem Engineering-
und Bausektor unterschrieben heute einen gegen die Bestechung gerichteten Set
von Geschäftsprinzipien als Teil des Jahrestreffens 04. Diese 19 Unternehmen
repräsentieren Einnahmen von mehr als 70 Mrd. US-Dollars. Die Prinzipien sind
das Produkt der einjährigen Anstrengungen der WEF-Gouverneure in der
Engineering- und Bau-Task Force, die in enger Verbindung mit Transparency
International und dem Basel Institute on Governance gearbeitet haben“. Jermyn Brooks
vom TI-Vorstand erklärt das Motiv: „Führungskräfte in Wirtschaft und
Regierungen werden sich vermehrt bewusst, wie Korruption den wirtschaftlichen
Fortschritt und die nationale Entwicklung hemmt. Dies hat direkte Auswirkungen
auf zukünftige Geschäftsgelegenheiten und die Sicherheit schon getätigter
Investitionen“. Weiter: „Die Task Force arbeitete eng mit Jermyn Brooks von
Transparency International und Prof. Mark Pieth zusammen, einem
Vorstandsmitglied des Basel Institute on Governance und Vorsitzenden der
OECD-Arbeitsgruppe zu Bestechung“. Beim Unterfangen, durch Selbstregulierung
externe Kontrollen zu verhindern, ist aus der Schweiz u.a. die
Integritätsleuchte ABB dabei. Denn auch sie bewegt, was Fluor Corp.-Chef Alan
Boeckmann kund tut: „Das globale Interesse an der Korruptionsbekämpfung wird
intensiver“.
Fluor
Corporation? Ach ja. In Afghanistan hat das Rüstungs- und
Energiebauunternehmen einen 100 Mio. Dollar-Vertrag mit der US Army. Beim
Abräumen des irakischen Reichtums gehört es nach Halliburton und Bechtel zu den
Grossen, möchte sich aber nicht zu Vertragsdetails äussern. Rechtzeitig auf den
4. Mai 03 war Philipp Jr. Carroll aus der Fluor-Leitung zurückgetreten, nachdem
er zuvor während 37 Jahren die Shell in den USA geleitet hatte. Er wurde jetzt
„Chefberater“ des irakischen „Ölministeriums“. Sein Nachfolger bei Fluor,
Kenneth J. Oscar, war noch einige Monate vorher als Assistenzsekretär im
Pentagon für die Army tätig und diese ist für einen grossen Teil der Bau- und
Engineeringaufträge im Irak zuständig. Fluor, die in den Worten des britischen
Observers vom 6.4.03 „eine unappetitliche Vergangenheit in Südafrika“ aufweist,
macht sich nicht nur mit TI und WEF um gediegene Interessenwahrung verdient:
Sie gehört zu den Financiers einer Reihe fundamentalistischer Think Tanks in
den USA.
Und wäreliwär ist in ähnliches Kriegs- und Irak-Business
verwickelt? Unser strahlender Transparenzapostel Eigen. Über die Crown Agents
Foundation, für die er den Treuhänder abgibt. Am 31. März 03 berichtete der
britische Independent, dass Crown Agents als erstes britisches Unternehmen von
der US-Administration einen Auftrag für den „Wiederaufbau“ im Irak ergattert
habe. Britische AktivistInnen hatten letzten Mai vor dem Crown Agents-Sitz in
London demonstriert und geschrieben: „Crown Agents, 1997 privatisiert, lauert
in der Grauzone zwischen Staat und Business, die so zentral für die neue Ära
der Unternehmenregierung geworden ist. Ihr Vorstand blufft mit einigen
bemerkenswerten Verbindungen in die Welt der Grossunternehmen und –banken“.
Die „Agenten der Krone“ wurden im 19. Jahrhundert gegründet, um, wie es auf
ihrer Homepage heisst, „bei der Versorgung der Kronkolonien mit Gütern und
Dienstleistungen Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern“. „Grauzone
zwischen Staat und Business“ – in diesem Handlungsraum tummeln sich auch
PR-Agenturen wie Transparency.
PS
Nun hatte eine abtretende
Sekretärin von T-Switzerland einmal die Vereinnahmung der
Korruptionsbekämpfung für den Good Governance-Diskurs kritisiert. Das zeigt:
Bei und um TI sind auch Menschen mit lauteren Absichten aktiv. Bei ihnen gilt
gilt die Kritik ihrer politischen Blindheit. Religiös motivierte Menschen (auch
in Kirchenapparaten) setzen sich in unschätzbarer Weise für Befreiung und gegen
Unterdrückung ein, z.B. auch bei den Versuchen, das WEF zu blockieren. Die Kritik
richtet sich natürlich nicht gegen sie und ihre Motivation. Im Gegenteil: Von
ihnen ist zu erhoffen, dass sie „ihre Vertreter“ zur Rede stellen.
Kasten (gehört zu Abschnitt: An der Weltbankleine)
Pendeltür
Der erste Präsident des TI-Beirates, Alberto Dahik, war Gast
am Global Business Forum 2002 der Elite-Wharton School der Pensylvania
University. Er wurde dort als „Architekt“ der „wichtigsten ökonomischen
Transformation in Ecuador“ beschrieben. Dahik hatte als Ex-Vizepräsident des
Landes Abgeordnete und Gerichte bestochen, um Deregulierungs- und
Privatisierungsreformen durchzubringen. 1995 türmte er ins „politische“ Exil
nach Costa Rica. Seine Kampagne für die Vizepräsidentschaft wurde seinerzeit
durch den ecuadorianischen Drogengeldwasch-Capo César Fernández mitfinanziert.
TI betont, dass Dahik von Costa Rica als politisch Verfolgter anerkannt werde.
Im Übrigen habe man beschlossen, keine PolitikerInnen mit TI-Amt und Ehren mehr
auszustatten. So sei etwa TI-Promoter Obasanja aus TI ausgeschieden, als er
Präsident von Nigeria wurde.
Kasten (gehört zu Abschnitt: an der Weltbankleine)
Teures Kostensparen
Auch staatliche Entwicklungsagenturen wie die USAID, die
DEZA und die entsprechenden Regierungsapparate aus der BRD, dem britischen
Königsreich, Holland und Skandinavien finanzieren TI mit namhaften Beträgen.
Für das Jahr 2002: DEZA €307'000, USAID €572'000, GTZ (BRD) €1.2 Mio..
Befriedigend sind auch Beiträge wie die €828'000 der Winterthurer
Volkart-Stiftung.
Kasten (gehört zu Abschnitt: Wem nützt’s?)
Vorwärts mit ALCA
TI verkündet stolz: 1994 „wurde ein wichtiger Erfolg
erzielt, als auf Verlangen von TI [...] das Thema Korruption auf die Agenda des
Amerika-Gipfels gesetzt wurde. Die Amerikagipfel-Initiative führte bald zur
Unterschrift unter eine regionale Konvention, welche eine stark ausgeweitete
Kooperation im Kampf gegen Korruption mit sich brachte“. Besagter Gipfel in Miami war der Auftakt für
den andauernden Versuch, den ganzen Kontinent in eine US-Freihandelszone zu
zwingen (span. ALCA). ALCA ist heute DER Kristallisationspunkt für den sozialen
und politischen Widerstand in Lateinamerika und der Karibik. Seit Jahren
dokumentieren wir im Correos, wie diese Art von Transparenz die Geissel der
Korruption real nur verstärkt, indem sie ihre transnationalen Komponenten auf
Kosten der Abstaubkonkurrenz lokaler Eliten verbilligt.
Kasten (gehört zu Abschnitt: Basler Institut)
Fleissiger Professor
TI-Mitstreiter Pieth war von 1989 bis 1993 Chef der Sektion
Wirtschaftsrecht im Bundesamt für Polizei und mitverantwortlich für die
Vorbereitung der Geldwaschgesetzgebung (mit welcher man hierzulande bekanntlich
gut leben kann). Gleichzeitig amtete er als Mitglied der für internationale
Geldwäscheregulierung massgeblichen Financial Action Task Force on Money
Laundering der OECD und seit 1990 als Präsident der OECD-Arbeitsgruppe zur
Bestechungsbekämpfung. Verdient machte er sich auch für die Wolfsberg-Gruppe.
Das sind die 12 global führenden Banken im Vermögensgeschäft (darunter
natürlich UBS und CS), die sich im Jahr 2000 auf Verhaltensregeln im Bereich der Geldwäsche
verständigt haben. Merkmal dieser sog. Wolfsbergprinzipien: Sie sollen
allfällige staatliche Kontrollen ersetzen bzw. nach Bankengusto
ausrichten. Mit Erfolg, wie
Entwicklungen bei der OECD und der in Basel domizilierten BIZ zu signalisieren
scheinen. Auf ihrer Homepage verweist die Gruppe als Selbstdarstellung auf die
Schrift von Mark Pieth, Gemma Aiolfi: „The Private Sector becomes active: The
Wolfsberg Process“.
Kasten (gehört zu Abschnitt: Herrschaftssänger)
Unterwegs mit Schlägertrupp
Brot für Alle rühmt sich seines Mitwirkens bei „kreativen Formen
der Entschuldung“. Gemeint ist der zur patriotischen Feier 1991 eingeführte
Entschuldungsfonds, dessen Gelder die Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke (AGH)
im Staatsauftrag verwalten durfte. Die Schweiz erliess damals bilateralen
Schuldnern im Süden 700 Millionen Franken, deren lokaler Gegenwert von der AGH
mit ihren Südpartnern in Entwicklungsprojekte gesteckt wurde. Besonders kreativ
war, dass das Bundesamt für Aussenwirtschaft vorgängig die strikte Befolgung
von Strukturanpassungsdiktaten, also der mörderischen Verschärfung der Armut,
durch die betroffenen Regierungen bescheinigen musste. So kreativ war das
Modell, dass G7 und IWF es seither zur verheerenden
HIPC-„Entschuldungsinitiative“ ausgebaut haben. Das Prinzip: Das transnationale
Rollkommando führt den Hilfswerk-Pflästerlidoktor im eigenen Tross mit, wie
früher der Conquistador den Kirchenmann.
Kasten (gehört zu Abschnitt: Herrschaftssänger)
NEPAD
Die von Clinton lancierte NEPAD ist für Stückelberger eine
„afrikanische Initiative für Partnerschaft zwischen Afrika und den
Industriestaaten“. Für die Demokratiebewegungen in Afrika sieht das die
malische Schriftstellerin, ehemalige Gesundheitsministerin und Aktivistin im
Beirat des Weltsozialforums, Aminata Dramane Traoré anders: „Es handelt sich um
eine Handvoll Afrikaner, Anhänger des Neoliberalismus, die sagten, was man von
ihnen hören wollte, und das versprachen, was die internationalen
Finanzinstitutionen der reichen Länder im Bereich der Reformen wünschen. Dieser
unverbrüchliche Glauben an die Auslandsinvestitionen ist das Schlimmste, was
uns passieren konnte“.