Freitag, 22. April 2022

Operateure der Macht

 

Transparency, das WEF, ein Basler Institut und einige Hilfswerke

 


 

Du ziehst an einem Faden, und es purzeln immer mehr unappetitliche Elemente ins Bild. Du fängst mit einem Blick auf Transparency in der Schweiz an und findest Kirchenmänner, WEF-Exponenten und OECD-AkademikerInnen. Am Werk für die transnationale Ordnung. 

 

Dieter Drüssel

 

Als er damals austrat, um Transparency International (TI) zu gründen, habe die Weltbank das Problem der Korruption nicht wahrhaben wollen. Doch dann sei sie vom „Saulus zum Paulus“ geworden und zur engen Mitstreiterin fürs hehre Anliegen, konzedierte der bescheiden aus dem Publikum auftretende Peter Eigen der auf dem Podium anwesenden Weltbank-Ethikberaterin. Der Chef des christlichen Hilfswerks nutzte die Gunst der Stunde und wies darauf hin, dass man die Arbeit von TI ganz stark unterstütze. Ein Dialog, bei dem die Sentenzen einander zuflogen. Kein Raum für ein wahres Wort. Schliesslich diente man mit den Besinnlichkeitsshows als Schneuzlumpen für die Typen vom WEF und als Begleitpropaganda für den Kessel von Landquart.

 

An der Leine der Weltbank

Bei ihrer Gründung 1993 stammte das TI-Kader vor allem aus der Weltbank oder anderen Sphären der Wohltätigkeit wie Finanzmultis, EU, Regierungen und ausgewählten NGOs. TI-Präsident Peter Eigen hatte für die Weltbank während 25 Jahren in Afrika und Lateinamerika gewütet, zuletzt als Direktor für Ostafrika. Für die seit Jahrzehnten mit Weltbank, CIA und Saatgutmultis liierte Fordstiftung beriet er die Regierungen von Botswana und Namibia. Zur Zufriedenheit der Gönner seiner US-Stiftung, die sich seit dem Abräumen des Ostblockes ein progressives Mäntelchen umgehängt haben und etwa auch das Weltsozialforum kofinanzieren. Als Eiger dann „ausstieg“, um in Berlin den Tugendclub TI zu lancieren, fanden sie das eine tolle Sache und übernahmen die Anschubfinanzierung. Später erlaubte, wie auf der TI-Page zu lesen ist, eine „grosse Schenkung“ des Open Society Institute von Grossspekulant George Soros „eine viel grössere Aktivität in Zentral- und Osteuropa“.

 

Eigen insistiert geradezu besessen darauf, dass er anfangs mit der Weltbank im Clinch gelegen habe. Im Kern scheint es sich darum gedreht zu haben, dass Teile des Weltbankapparates nach dem Zusammenbruch des Ostblocks nicht agil genug auf die neuen geopolitischen Gegebenheiten umgeschwenkt sind. Während des kalten Krieges war noch jeder Diktator als Partner gegen den Kommunismus und fürs weltweite Morden willkommen. Dafür wurde er dann auch von der Weltbank entlohnt (die berüchtigten entwicklungspolitischen „Weissen Elefanten“). Nach 1989 entfiel die Notwendigkeit für diese Mehraufwendungen und  prompt wurde Korruption ein Thema. Auf der TI-Homepage ist dazu zu lesen: Vor dem Ende des Kalten Krieges „war das Thema Korruption tabu. Entwicklungsagenturen konnten sie nicht diskutieren und der Privatsektor sah sie einfach als unerfreuliche, aber zunehmend teurer werdende Art an, Dinge zu erledigen“. Ein Journalist fragte Eigen nach der Motivation der Multis, sich gegen Korruption zu engagieren: „Weil sich [Korruption] als zu teuer herausstellt?“ Antwort: „Ja“[1]. Diese Haltung fasste im Weltbankkader, wie Eigen unablässig wiederholt, erst 1995 definitiv Fuss. Ob TI ein zu Beginn von dissidenten Weltbanksektoren lanciertes oder von Anfang an ein abgekartetes Projekt war, ist zweitrangig. So oder so gehört sie in diese Liga.

 

TI konzentriert sich auf den Trikont und die sog. Transitionsländer aus dem ehemaligen Sowjetbereich. Neben dem gross propagierten globalen Korruptionsindex, der die „Wahrnehmungen“ des transnationalen Businesssektors bezüglich staatlicher Korruption registriert, hat TI zwar auch einen Bestechungsindex lanciert, der über die Bestechenden Auskunft geben sollte. Bezeichnenderweise ist davon aber sehr viel weniger zu hören. Denn TI „verzichtet“ hier aus Prinzip darauf, konkret zu werden. So verbleibt praktisch die Anprangerung von Staatsapparaten im Süden und Osten. Eine Ausweitung auf Teile des Staatsapparates im Norden scheint aber durchaus denkbar.

 

Wem nützt’s?

Die ganze Propagandaschlacht von wegen Good Governance (Guter Regierungsführung), die von den Entwicklungsapparaten des Nordens und ihren akademischen und medialen Verstärkern geschlagen wird, verhilft dem Anspruch auf ungehinderte Kapitaldurchdringung zu einem moralischen Mäntelchen. Wer will sich nicht mit TI freuen, wenn etwa in Panama ein Gesetz zur Infotransparenz durchgesetzt wird, das „dem Bürger“ Einsicht in die Vergabe von öffentlichen Aufträgen ermöglichen soll? So was ist eine Standardbedingung von IWF und Weltbank für Kreditvergaben? Ein hoffnungsvolles Zeichen für deren Moralisierung! „Der Bürger“ in Panama hat zwar zur Auftragsvergabe weder pieps noch paps zu sagen, sehr wohl hingegen der „Dienstleistungsanbieter“ aus dem Norden. Das verschwindet transparent hinter der Freude. Nun lasse sich keine nationale Regierung mehr dazu hinreissen, durch lokale Auftragsvergabe autochthone Kräfte und ihre Zielvorstellungen zu stärken und dabei die Multis und ihre Agenda zu diskriminieren!

 

Swiss Transparency

Auch bei TI Switzerland sind interessante Leute mit von der Partie. Präsident Philippe Lévy arbeitete bis 1988 im Bundesamt für Aussenwirtschaft (heute seco), zuletzt als Delegierter des Bundesrates für Handelsverträge, also als Sachwalter der Schweizer Multis. Von 1992 bis 2000 leitete der Alt-Botschafter die Schweizer Handelsförderung Osec, seither steht er Transparency Switzerland vor. Im Schweizer Vorstand vertreten sind auch Leute aus dem DEZA und dem seco. Daniel Thelesklaf, ein weiteres Vorstandsmitglied, war zuvor im Rechtsdienst der Rentenanstalt (tja) und der Dresdner Bank Schweiz aktiv, leitete danach die eidgenössische Meldestelle für Geldwäscherei und half zuletzt als Leiter der Stabsstelle für Sorgfaltspflichten in Liechtenstein bei der OECD-Kompatibilisierung dieser Schwarzgelddrehscheibe mit.

 

Die Winterthurer Volkart Holding hat neben ihrem als Mäzen auftretenden Andreas Reinhart ein weiteres Mitglied in den Vorstand delegiert. Auch dabei der heutige Nationalrat Ruedi Noser, der den Zürcher Freisinn auf SVP-Konkordanz geliftet hat. Ein besonderes Häppchen hat sich Transparency mit Roland Rasi geschnappt. Früher als Direktor bei der Kreditanstalt und danach in der Konzernleitung des Bankvereins tätig, versuchte Rasi 1997/98 als Chefsanierer der Krankenkasse Visana, die „schlechten Risiken“, also (potentiell) kranke Menschen, aus seiner Kasse rauszubefördern.

 

Das Basler Institut

Bezeichnend auch die Vorstandsbeteiligung der  Entwicklungssoziologin Lucy Koechlin im Namen des Basel Institute on Governance. In diesem Institut der Uni Basel spielt Mark Pieth eine wichtige Rolle. Auf seiner Homepage finden wir eine Begründung für die Lancierung des Instituts. Good Governance, „ein Schlüsselkonzept für die Reform des öffentlichen Managements“ im Globalisierungsprozess, erfordere eine internationale Vereinheitlichung eben dieser Managementprozeduren. Der Begriff „der Good Governance impliziert neue Wege, das ethische Handeln zu verbessern und die Verantwortung zwischen dem öffentlichen Bereich (Regulierung und Kontrollfunktion), dem Privatsektor (Selbstregulierung) und der Zivilgesellschaft (demokratische Kontrolle) aufzuteilen“. Nette, erzneoliberale Aufgabenteilung. Das Institut soll „als Kompetenzzentrum im Bereich „good governance“ und Entwicklungszusammenarbeit [...] dienen“[2]. Für das DEZA und andere internationale und multinationale Entwicklungsagenturen (speziell im Zusammenhang mit der OECD), scheint es die Rolle eines Think Tanks und einer Vermittlungsinstanz zu den „Globalisierungskräften“ zu übernehmen.

 

Herrschaftssänger

Ein weiterer Kämpe im Vorstand der helvetischen Transparenz verdient ebenfalls Beachtung: Christoph Stückelberger, Zentralsekretär des evangelischen Hilfswerks Brot für Alle (BfA) und Ethikdozent ebenfalls an der Uni Basel. Wie es um den Berufsethiker steht, zeigt uns sein NZZ-Artikel gegen die Forderung nach Schweizer Reparationszahlungen an die Apartheidopfer (wie sie hierzulande von der Aktion Finanzplatz und dem Solifonds mitgetragen wird). Da erkennt er nämlich „Kommunikationsblockaden“, resultierend aus drei Fallen. Als erster der „Geldfalle“:  Es gehe um viel Geld, und da weigern sich „die Unternehmer nachvollziehbar, ein Wort der Reue über ihre Rolle für das Apartheidregime auszusprechen, da sie ja sonst weitere Lawinen finanzieller Abgeltungsmassnahmen befürchten“. Die Armen, können sich nicht mal den Kummer von der Seele reden. Dann die „Vergangenheitsfalle: Geschichtsaufarbeitung ist wichtig und Archive zu öffnen ist mutig. Die Fixierung auf die Vergangenheit kann aber auch den Weg zur Zukunft verstellen“. Herrgott, bloss das nicht! Wo doch die Zukunft hell leuchtet, wie wir weiter erfahren, etwa in der Form von NEPAD (s. Kasten). Da lassen wir lieber einige Archive, etwa helvetische, noch etwas ungeöffnet. „Dazu kommt als drittes die Verhärtungsfalle: Statt dass Heilung und Versöhnung zwischen Menschen entsteht, besteht die Gefahr, dass Fronten sich weiter verhärten“. Wo es doch allen Menschen guten Willens nur um eines geht, wie der Untertitel hervorhebt: „Die Würde der Opfer wiederherstellen“. Dabei „ besteht die Aufgabe nun darin, im Verbund von Staat, Wirtschaft und Öffentlichkeit wie Kirchen und Hilfswerken zukunftsfähige Wege zu begehen“. Alles für die „Opfer“, für die kompetent gesorgt wird. Mit einer tollen Perspektive: „Ja zu einer schweizerischen und einer internationalen Investitionskonferenz für Südafrika“. Denn wer wüsste nicht: „Privatwirtschaftliche Investitionen sind für die Wiederherstellung von Würde eine zentrale Chance“. Insbesondere bei Berücksichtigung der richtigen Bankverbindungen: „Die Zusammenarbeit mit Hilfswerken und Kirchen für die sozialverträgliche Ausgestaltung dieser Investitionen wäre dabei hilfreich“[3]. Das ist schön, das ist bewährt, das ist christlich: Die Schweizer Apartheidverbrecher (Blocher, UBS etc.) sollen nicht Bussgeld zahlen, bewahre, sondern die von ihnen wesentlich mitgeschaffene soziale Apartheid neu vernutzen können, ohne dabei den sozialverträglichen Cheque zu vergessen. 

 

Ein Platz an der Tempelsonne

Transparency Switzerland-Vize Stückelberger verliert seine Kernanliegen jedoch inmitten des ganzen Schwulsts nicht aus den Augen. So hebt er in einem anderen Artikel stolz hervor, dass das BfA am Weltsozialforum (WSF) in Porto Alegre, am WEF und am Open Forum Davos (OFD) teilgenommen habe. (Für das Open Forum stellt er dabei sein Licht unter den Schemel: Wohl keiner weibelte dafür so fleissig wie er). „WSF, WEF und OFD erinnern stark an Kirchentage: Hunderte von Workshops und Plenumveranstaltungen ohne Zwang zu verbindlichen Beschlüssen dienen [...] vernetzenden persönlichen Kontakten“. Soviel Mitmenschlichkeit führt direkt in den „‚Vorhof des Tempels’ der Regierungen und Parlamente, der Chefetagen der Unternehmen und der Hilfswerkdirektionen, wo die effektiven Entscheide gefällt werden“. (Nun, genau deshalb mobilisieren wir gegen das WEF, deshalb versuchten die „Unberührbaren“ in Mumbai, ihm und seinesgleichen das Heft aus der Hand zu nehmen). Danach folgen  Sprechblasen wie die, dass BfA dort gegen die Globalisierung ist, wo sie Ungerechtigkeit schaffe, aber, oh ausgleichende Gerechtigkeit, dort dafür, „wo damit Hunger vermindert, Freiheit erhöht, gerechter Ausgleich gestärkt und die breite Mitwirkung der Bevölkerung ermöglicht wird“[4] – wem kommen da nicht sofort unzählige Beispiele in den Sinn? Das Gewäsch dient als Überleitung zum eigentlichen Anliegen des Artikels: die eigene (widerstrebende?) kirchliche Klientel für einen starken Auftritt am WEF zu motivieren, um dieses Feld nicht der Konkurrenz von WWF, Oxfam u.a. überlassen zu müssen.

 

Doch auch für Stückelberger sind noch einige wirtschaftsethische Fragen offen: „Eine der wichtigsten Herausforderungen der Globalisierung ist ihre unterschiedliche Geschwindigkeit in den verschiedenen Bereichen. Wir sehen eine sehr schnelle wirtschaftliche Globalisierung, eine viel langsamere politische Globalisierung und eine noch langsamere Entwicklung einer Weltethik.“ Dass wir auch immer hetzen müssen! Wo es doch um Lösungsansätze geht, denen der Theologe sogleich mit Scharfsinn nachspürt: „Die Vision würde darin bestehen, nun diese Bereiche in ihrer Geschwindigkeit wenigstens teilweise zu harmonisieren. Wenn wir nämlich die sehr schnelle wirtschaftliche Globalisierung und Vernetzung weitertreiben, ohne eine Globalisierung der politischen Institutionen und der Wertsysteme zu erreichen, wird dies zu Spannungen, Konflikten und zum Kollaps führen“[5]. Genial! „Globalisierung“ muss politisch durchgesetzt werden, sonst kommt es zu ihrer Blockade (que horror!), durch Aufstände wie in Bolivien.

 

Wo raus, wo rein?

Solche Wirtschaftsethiker mit ihrer unnachahmlichen Mischung von Salbung und Businessbejahung sind gefragt. Kein Wunder, verkehrt der Mann seit Jahren im WEF. Kein Wunder, zügelt er einen kirchennahen Verein nach dem anderen (und selbst den Gewerkschaftsbund) in dessen Propagandaveranstaltung, das sog. Open Forum von Davos, rein. Man kommt leicht in Versuchung, Figuren wie Stückelberger als Schwätzer abzutun, kompatibel mit einem Davoser Jahrmarkt der Eitelkeiten. Nur, Typen wie er sind längst im „Vorhof“ der Macht angekommen, unabdingbar für das Gelingen des „Globalisierungsvorhabens“: die Schuldendiktate werden mit humanitärem Diskurs geschmückt, die WTO-Regeln mit Ethik und der Kessel des sich entfesselnden Polizeistaats in Landquart (samt integrierter Rechtsradikaler im Vorder- und Schützenpanzer im Hintergrund) mit den Schalmeiklängen des Dialogs übertüncht. So simpel ist das. Die Stückelbergersche Kirche und Entwicklungshilfe, die „Moral-für-Multis“-Offensive von Transparency: Sie sind am WEF mit seinem Anspruch auf globale Gestaltung  als eigenständige Werte vertreten. Stückelberger, Eigen und Konsorten gehören ans WEF, aber nicht nach Mumbai. Könnten wir sie da rausschmeissen, würden sie im alten alpinen Nazizentrum unbrauchbarer.

 

Kriegsgewinnler

„19 führende internationale Unternehmen aus dem Engineering- und Bausektor unterschrieben heute einen gegen die Bestechung gerichteten Set von Geschäftsprinzipien als Teil des Jahrestreffens 04. Diese 19 Unternehmen repräsentieren Einnahmen von mehr als 70 Mrd. US-Dollars. Die Prinzipien sind das Produkt der einjährigen Anstrengungen der WEF-Gouverneure in der Engineering- und Bau-Task Force, die in enger Verbindung mit Transparency International und dem Basel Institute on Governance gearbeitet haben“. Jermyn Brooks vom TI-Vorstand erklärt das Motiv: „Führungskräfte in Wirtschaft und Regierungen werden sich vermehrt bewusst, wie Korruption den wirtschaftlichen Fortschritt und die nationale Entwicklung hemmt. Dies hat direkte Auswirkungen auf zukünftige Geschäftsgelegenheiten und die Sicherheit schon getätigter Investitionen“. Weiter: „Die Task Force arbeitete eng mit Jermyn Brooks von Transparency International und Prof. Mark Pieth zusammen, einem Vorstandsmitglied des Basel Institute on Governance und Vorsitzenden der OECD-Arbeitsgruppe zu Bestechung“. Beim Unterfangen, durch Selbstregulierung externe Kontrollen zu verhindern, ist aus der Schweiz u.a. die Integritätsleuchte ABB dabei. Denn auch sie bewegt, was Fluor Corp.-Chef Alan Boeckmann kund tut: „Das globale Interesse an der Korruptionsbekämpfung wird intensiver“[6].

 

Fluor Corporation? Ach ja. In Afghanistan hat das Rüstungs- und Energiebauunternehmen einen 100 Mio. Dollar-Vertrag mit der US Army. Beim Abräumen des irakischen Reichtums gehört es nach Halliburton und Bechtel zu den Grossen, möchte sich aber nicht zu Vertragsdetails äussern. Rechtzeitig auf den 4. Mai 03 war Philipp Jr. Carroll aus der Fluor-Leitung zurückgetreten, nachdem er zuvor während 37 Jahren die Shell in den USA geleitet hatte. Er wurde jetzt „Chefberater“ des irakischen „Ölministeriums“. Sein Nachfolger bei Fluor, Kenneth J. Oscar, war noch einige Monate vorher als Assistenzsekretär im Pentagon für die Army tätig und diese ist für einen grossen Teil der Bau- und Engineeringaufträge im Irak zuständig. Fluor, die in den Worten des britischen Observers vom 6.4.03 „eine unappetitliche Vergangenheit in Südafrika“ aufweist, macht sich nicht nur mit TI und WEF um gediegene Interessenwahrung verdient: Sie gehört zu den Financiers einer Reihe fundamentalistischer Think Tanks in den USA.

 

Und wäreliwär ist in ähnliches Kriegs- und Irak-Business verwickelt? Unser strahlender Transparenzapostel Eigen. Über die Crown Agents Foundation, für die er den Treuhänder abgibt. Am 31. März 03 berichtete der britische Independent, dass Crown Agents als erstes britisches Unternehmen von der US-Administration einen Auftrag für den „Wiederaufbau“ im Irak ergattert habe. Britische AktivistInnen hatten letzten Mai vor dem Crown Agents-Sitz in London demonstriert und geschrieben: „Crown Agents, 1997 privatisiert, lauert in der Grauzone zwischen Staat und Business, die so zentral für die neue Ära der Unternehmenregierung geworden ist. Ihr Vorstand blufft mit einigen bemerkenswerten Verbindungen in die Welt der Grossunternehmen und –banken“[7]. Die „Agenten der Krone“ wurden im 19. Jahrhundert gegründet, um, wie es auf ihrer Homepage heisst, „bei der Versorgung der Kronkolonien mit Gütern und Dienstleistungen Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern“. „Grauzone zwischen Staat und Business“ – in diesem Handlungsraum tummeln sich auch PR-Agenturen wie Transparency.

 

PS

Nun hatte eine abtretende  Sekretärin von T-Switzerland einmal die Vereinnahmung der Korruptionsbekämpfung für den Good Governance-Diskurs kritisiert. Das zeigt: Bei und um TI sind auch Menschen mit lauteren Absichten aktiv. Bei ihnen gilt gilt die Kritik ihrer politischen Blindheit. Religiös motivierte Menschen (auch in Kirchenapparaten) setzen sich in unschätzbarer Weise für Befreiung und gegen Unterdrückung ein, z.B. auch bei den Versuchen, das WEF zu blockieren. Die Kritik richtet sich natürlich nicht gegen sie und ihre Motivation. Im Gegenteil: Von ihnen ist zu erhoffen, dass sie „ihre Vertreter“ zur Rede stellen.

 

Kasten (gehört zu Abschnitt: An der Weltbankleine)

Pendeltür

Der erste Präsident des TI-Beirates, Alberto Dahik, war Gast am Global Business Forum 2002 der Elite-Wharton School der Pensylvania University. Er wurde dort als „Architekt“ der „wichtigsten ökonomischen Transformation in Ecuador“ beschrieben. Dahik hatte als Ex-Vizepräsident des Landes Abgeordnete und Gerichte bestochen, um Deregulierungs- und Privatisierungsreformen durchzubringen. 1995 türmte er ins „politische“ Exil nach Costa Rica. Seine Kampagne für die Vizepräsidentschaft wurde seinerzeit durch den ecuadorianischen Drogengeldwasch-Capo César Fernández mitfinanziert. TI betont, dass Dahik von Costa Rica als politisch Verfolgter anerkannt werde. Im Übrigen habe man beschlossen, keine PolitikerInnen mit TI-Amt und Ehren mehr auszustatten. So sei etwa TI-Promoter Obasanja aus TI ausgeschieden, als er Präsident von Nigeria wurde.

 

Kasten (gehört zu Abschnitt: an der Weltbankleine)

Teures Kostensparen

Auch staatliche Entwicklungsagenturen wie die USAID, die DEZA und die entsprechenden Regierungsapparate aus der BRD, dem britischen Königsreich, Holland und Skandinavien finanzieren TI mit namhaften Beträgen. Für das Jahr 2002: DEZA €307'000, USAID €572'000, GTZ (BRD) €1.2 Mio.[8]. Befriedigend sind auch Beiträge wie die €828'000 der Winterthurer Volkart-Stiftung.

 

Kasten (gehört zu Abschnitt: Wem nützt’s?)

Vorwärts mit ALCA

TI verkündet stolz: 1994 „wurde ein wichtiger Erfolg erzielt, als auf Verlangen von TI [...] das Thema Korruption auf die Agenda des Amerika-Gipfels gesetzt wurde. Die Amerikagipfel-Initiative führte bald zur Unterschrift unter eine regionale Konvention, welche eine stark ausgeweitete Kooperation im Kampf gegen Korruption mit sich brachte“[9].  Besagter Gipfel in Miami war der Auftakt für den andauernden Versuch, den ganzen Kontinent in eine US-Freihandelszone zu zwingen (span. ALCA). ALCA ist heute DER Kristallisationspunkt für den sozialen und politischen Widerstand in Lateinamerika und der Karibik. Seit Jahren dokumentieren wir im Correos, wie diese Art von Transparenz die Geissel der Korruption real nur verstärkt, indem sie ihre transnationalen Komponenten auf Kosten der Abstaubkonkurrenz lokaler Eliten verbilligt.

 

Kasten (gehört zu Abschnitt: Basler Institut)

Fleissiger Professor

TI-Mitstreiter Pieth war von 1989 bis 1993 Chef der Sektion Wirtschaftsrecht im Bundesamt für Polizei und mitverantwortlich für die Vorbereitung der Geldwaschgesetzgebung (mit welcher man hierzulande bekanntlich gut leben kann). Gleichzeitig amtete er als Mitglied der für internationale Geldwäscheregulierung massgeblichen Financial Action Task Force on Money Laundering der OECD und seit 1990 als Präsident der OECD-Arbeitsgruppe zur Bestechungsbekämpfung. Verdient machte er sich auch für die Wolfsberg-Gruppe. Das sind die 12 global führenden Banken im Vermögensgeschäft (darunter natürlich UBS und CS), die sich im Jahr 2000 auf  Verhaltensregeln im Bereich der Geldwäsche verständigt haben. Merkmal dieser sog. Wolfsbergprinzipien: Sie sollen allfällige staatliche Kontrollen ersetzen bzw. nach Bankengusto ausrichten.  Mit Erfolg, wie Entwicklungen bei der OECD und der in Basel domizilierten BIZ zu signalisieren scheinen. Auf ihrer Homepage verweist die Gruppe als Selbstdarstellung auf die Schrift von Mark Pieth, Gemma Aiolfi: „The Private Sector becomes active: The Wolfsberg Process“.

 

Kasten (gehört zu Abschnitt: Herrschaftssänger)

Unterwegs mit Schlägertrupp

Brot für Alle rühmt sich seines Mitwirkens bei „kreativen Formen der Entschuldung“. Gemeint ist der zur patriotischen Feier 1991 eingeführte Entschuldungsfonds, dessen Gelder die Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke (AGH) im Staatsauftrag verwalten durfte. Die Schweiz erliess damals bilateralen Schuldnern im Süden 700 Millionen Franken, deren lokaler Gegenwert von der AGH mit ihren Südpartnern in Entwicklungsprojekte gesteckt wurde. Besonders kreativ war, dass das Bundesamt für Aussenwirtschaft vorgängig die strikte Befolgung von Strukturanpassungsdiktaten, also der mörderischen Verschärfung der Armut, durch die betroffenen Regierungen bescheinigen musste. So kreativ war das Modell, dass G7 und IWF es seither zur verheerenden HIPC-„Entschuldungsinitiative“ ausgebaut haben. Das Prinzip: Das transnationale Rollkommando führt den Hilfswerk-Pflästerlidoktor im eigenen Tross mit, wie früher der Conquistador den Kirchenmann.

 

Kasten (gehört zu Abschnitt: Herrschaftssänger)

NEPAD

Die von Clinton lancierte NEPAD ist für Stückelberger eine „afrikanische Initiative für Partnerschaft zwischen Afrika und den Industriestaaten“. Für die Demokratiebewegungen in Afrika sieht das die malische Schriftstellerin, ehemalige Gesundheitsministerin und Aktivistin im Beirat des Weltsozialforums, Aminata Dramane Traoré anders: „Es handelt sich um eine Handvoll Afrikaner, Anhänger des Neoliberalismus, die sagten, was man von ihnen hören wollte, und das versprachen, was die internationalen Finanzinstitutionen der reichen Länder im Bereich der Reformen wünschen. Dieser unverbrüchliche Glauben an die Auslandsinvestitionen ist das Schlimmste, was uns passieren konnte“.



[1] Cash, 12.9.03, Fred Davis: „In meinem Job kann man weisse Haare bekommen“

[2] Zitate aus www.unibas.ch/ius/pieth/mp-big.htm#eng

[3] Zitate aus NZZ, 7.7.02, Prof. Dr. Christoph Stückelberger: „Südafrika: entschädigen, entschulden oder investieren?“

[4] Diese Zitate aus epd-Entwicklungspolitik, Februar 2003

[5] christoph.stückelberger.com, „Selektive Globalisierung. Eine wirtschaftsethische Frage“

[6] Zitate aus WEF, 25.1.04: „Global Engineering and Construction Firms Adopt Anti-corruption Principles“

[7] „Mayday: Crown Agents exposed“, http://publish.uk.indymedia.org/ennu1166130.shtml

[8] Quelle: TI-Jahresabrechnung 2002

[9] transparency.org, „TI History“